Hallo liebe DoE-Enthusiasten,
im letzten Blog ging es darum, die Centerpoints auf ihre Zweckdienlichkeit zu bewerten. Ich denke, das ist uns ganz gut gelungen. Dennoch gab es einige interessante ähnliche Fragen zu den Center-Points Blogs, gerne möchte ich hier auf eine stellvertretend eingehen.
Wie erkenne ich einen nichtlinearen „Faktor“?
Diese Frage möchte ich mit einer Richtigstellung beginnen: Innerhalb einer DoE wird nicht der Faktor selbst auf Linearität untersucht, sondern der Effekt des Faktors. Das heißt, es gilt zu klären, ob der Effekt ein lineares Verhalten aufweist.
Zur Erinnerung: Der Effekt ist die Veränderung, die eine Zielgröße erfährt, wenn der Faktor von seinem niedrigen auf sein hohes Level angehoben wird.
Gehen wir von zwei Faktoren x1 und x2 aus, die in einem Versuchsplan (voll faktoriell) mit 4 Eckexperimenten und 3 Center Points untersucht werden. Für den Moment werde ich dazu x,y-Diagramme verwenden, um den Zusammenhang besser zu beleuchten. Wie Sie ja wahrscheinlich schon im letzten Blog gelesen haben, werden die x,y-Diagramme in der DoE meist durch Contourplots ersetzt, um auch Wechselwirkungen von Faktoren auf Zielgrößen besser zu erfassen. Dennoch ist es für den Moment der Veranschaulichung dienlich.
Prinzip der Effektverteilung
Es geht darum, wie sich die Verteilung der Werte in der Zielgröße in Abhängigkeit eines Faktors darstellt. Liegen alle Ergebnisse im x,y-Diagramm annähernd auf einer horizontalen Geraden, wie in Bild 1, ist von keinem signifikanten Effekt auszugehen.
Meist wird ein Verhalten erwartet, bei dem die Ergebnisse der Center Points auf der Regressionsgeraden in der Mitte der Einstellungen liegen, wie in Bild 2.
Diese linearen Effekte können vereinfacht für den y1,x1 Zusammenhang mit der Gleichung: f(x)=m⋅x+b0 beschrieben werden.
Die Problematik liegt in den folgenden Fällen:
- Bild 3: Eine mittlere Einstellung des Faktors führt möglicherweise zu einer ähnlich hohen Einstellung wie die hohe signifikante Faktoreinstellung.
- Bild 4: Eine mittlere Einstellung des Faktors führt möglicherweise zu keiner signifikanten Veränderung (rechts), während eine hohe Faktoreinstellung im Vergleich zur niedrigen Faktoreinstellung einen signifikanten Unterschied in der Zielgröße bedeutet.
In den Fällen, in denen sich die mittleren Ergebnisse nicht einer linearen Regression entsprechend verhalten, kann nur ein ungenaues Ursache-Wirkungs-Modell abgeleitet werden. Dies basiert darauf, dass die Regression-Gerade mit der Methode der kleinsten Quadrate berechnet wird. Vereinfacht gesagt, wird dabei versucht, den Abstand der einzelnen Ergebnisse so nah wie möglich an die egression-Gerade anzunähern.
Da die mittleren Einstellungen allerdings weit entfernt von einer Regressionsgeraden liegen, die nur durch die Einstellungen tief und hoch gezeichnet würde, wird diese wie in einer Parallelverschiebung nach oben oder unten bewegt. Dies führt dazu, dass nur wenige Punkte tatsächlich auf der Regressionsgeraden abgebildet sind. Werden diese dann für Prognosen verwendet, so sind diese meist abweichend von den Beobachtungen.
Die Prognosen werden erst besser, wenn ein zusätzlicher Term in die Ursache-Wirkungs-Formel (das Modell) eingearbeitet wird. Ein solcher nichtlinearer Anteil kann dann über diesen zusätzlichen Term x² (quadratischen Anteil) abgebildet werden.
Wenn Sie in der schematischen Grafik die Bilder 3 und 4 betrachten, so ist ersichtlich, dass die nun erzeugte rote gekrümmte Regressionslinie viel eleganter durch die Schwerpunkte der einzelnen Ergebnisgruppen bei x1=−1;1 und 1 schneidet. Damit werden auch die Prognosen, die über das Modell getroffen werden können, deutlich besser. In der Regel wird die Güte, mit der die Ergebnisse in ein Modell überführt werden können, auch mit R², dem Bestimmtheitsmaß, angegeben.
Aber Moment da war doch noch was …
In unserem ursprünglichen Versuchsplan haben wir mit den Eckexperimenten der beiden Faktoren sowie den Centerpoints zwar anhand der Ergebnisse erfassen können, ob die Faktoren x1 oder x2 nichtlineare Effekte aufweisen können. Allerdings können wir diesen nichtlinearen Effekt keinem der beiden Faktoren eindeutig zuordnen. Dies liegt daran, dass die beiden Faktoren nicht unabhängig voneinander auf diesen nichtlinearen Effekt untersucht wurden.
Dies wird möglich, wenn zusätzliche sogenannte axiale Versuche durchgeführt werden. Dies sieht für unseren Versuchsplan nach sehr vielen Versuchen aus, doch das täuscht. Auch bei umfangreicheren DoEs mit mehr Faktoren werden lediglich zwei zusätzliche Versuche für die relevanten Faktoren benötigt, die sich auf eine mittlere Position einstellen lassen (also nicht Maschine 1 oder 2).
Möglicherweise lässt auch Ihre Expertise zu, den verantwortlichen Faktor eindeutig zu identifizieren. So können in unserem Beispiel auch nur zwei der vier axialen Experimente zur Verifikation durchgeführt werden. Gerade wenn meist Zeit, Geld und Aufwand eine Rolle spielen, könnte dies eine Möglichkeit sein, Ihr Modell abzusichern.
Ich hoffe, ich konnte mit der Beantwortung dieser interessanten Frage wieder ein wenig mehr Motivation liefern, künftig die Einbindung von Centerpoints in Erwägung zu ziehen.
Bis zum nächsten Mal, bleiben Sie neugierig und experimentierfreudig! Teilen Sie gerne Ihre Gedanken und Erfahrungen mit mir – gemeinsam können wir den Weg zur Optimierung meistern.
Ihr DFSS- und DoE-Experte,
Stefan Moser 👉 Außerdem lade ich Sie herzlich ein, meine Webseite unter www.stefan-moser.com zu besuchen, dort finden Sie weitere Hinweise und Informationen zu Consultings, Zertifikats -Einsteiger, -Fortgeschrittenen und -Masterkursen in vielen Formaten als offene, Inhouse- oder auch Online-Kurse.