DoE-Happen #27: Die Robustheitsprüfung

    Willkommen zurück, liebe DoE-Enthusiasten! In unserem letzten Blog #26 haben wir den robusten Arbeitsbereich basierend auf dem robusten Arbeitspunkt abgeleitet. Dabei haben wir detailliert betrachtet, wie die Toleranzen optimal gestaltet werden können.

    In DoE-Happen BLOG #27 untersuchen mit Hilfe der Robustheits-Prüfung, ob sich die Theorie in der Praxis bestätigen lässt.

    Wir haben im Blog #26 zwei sehr unterschiedliche Perspektiven bzw. Strategien besprochen, ausgehend von den zwei unterschiedlichen Arbeitspunkten:

    • Der optimale Arbeitspunkt: Bei dieser Strategie wurde darauf geachtet, alle Ziele – gemäß den festgelegten und gegebenenfalls gewichteten Prioritäten in den Spezifikationen – maximal zu erreichen.
    • Der sichere/robuste Arbeitspunkt wurde so bestimmt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Spezifikationen minimiert wird. Die maximale Ausschöpfung der Zielgrößen tritt dabei in den Hintergrund.

    Auf Basis dieser Punkte konnten wir einen Arbeitsraum ableiten, innerhalb dessen wir mit großer Wahrscheinlichkeit die Grenzen der Spezifikationen nicht verletzen.

    Was bedeutet dies für unseren sicheren Arbeitsbereich?

    Die DoE-Software ermöglicht es, die Arbeitsbereiche mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation zu bestimmen, sofern diese ableitbar sind. Dabei zeigt sich, dass der robuste PAR-Bereich (Proven Acceptable Region) meist größer ist, wenn die maximale Sicherheit der Ziele im Vordergrund steht.

    Im Gegensatz dazu ist das Streben nach dem maximalen Prozesspotenzial eher eine grenzwertige Einstellung, die zu einem kleineren Arbeitsbereich führt.

    Der Versuchsplan zur Verifikation des robusten Arbeitsbereichs

    Diese Versuche umrahmen in unserem zweidimensionalen Design-Space die Region, die wir basierend auf unserem vorangegangenen Modell einer DoE als sicheren Arbeitsbereich berechnet haben. Diese Berechnung ist allerdings eine Schätzung, basierend auf dem Modell, das wir ableiten konnten. Es ist möglich, dass das zugrundeliegende Modell handwerkliche Fehler enthält, wie Ausreißer, schlechte Reproduzierbarkeit, Zahlendreher, Tippfehler, Kopier-/Einfüge Fehler, Einstellungsungenauigkeiten, Messungenauigkeiten oder unzureichende Berücksichtigung von nichtlinearen Termen oder Wechselwirkungen. Für diese Fehler liegen keine entsprechenden experimentellen Daten (Stützstellen) vor.

    Deshalb ist es umso wichtiger, die „Schätzungen”, also die Vorhersagequalität des Modells, zu validieren. Es ist möglich, dass die Performance des Modells nicht den Erwartungen entspricht. Eine gründliche Validierung der Vorhersagequalität des Modells ist daher entscheidend.

    Ich habe die entsprechenden Experimente zur Robustheitsprüfung schematisch in den Plot aus dem letzten Blog #26 integriert. Diese bilden einen eigenständigen, anschaulichen Versuchsplan, in dem zwei Faktoren unabhängig voneinander untersucht werden können.

    Model oder kein Model?

    Bei Robustheitsprüfungen ist einiges anders zu interpretieren als bei normalen Versuchsplanungen. Das kann verwirrend sein, deshalb sind meine Kursteilnehmer am Ende der DoE-Schulungen oft kurz verunsichert.

    Bei Robustheitsprüfungen sind die Variationsbreiten der Faktoren meist sehr eng, was dazu führen kann, dass die abgeleiteten Modelle keine zuverlässige Qualität aufweisen. Das ist im Grunde genommen zu erwarten, aber wir werfen jetzt einen genaueren Blick auf die folgende Skizze. Sie zeigt Untersuchungen eines Faktors mit einem breiteren und einem engeren Untersuchungsbereich.

    Das linke Diagramm demonstriert einen breiten Variationsbereich für einen wichtigen Faktor. Dies ermöglicht eine gute Feststellung der Effekte, wenn der Faktor von seinem niedrigsten zu seinem höchsten Level variiert wird. In einem gut definierten Bereich zeigt sich hier oftmals ein klarer (signifikanter) Effekt, woraus sich unter Betrachtung aller Effekte das Modell ergibt. Ein breiter Variationsbereich ist für ein Screening-Versuchsplan unerlässlich, um sicherzustellen, dass signifikante Effekte nicht unerkannt bleiben und dass das Modell tatsächlich relevante und nutzbare Daten liefert.

    Im Gegensatz dazu zeigt das rechte Diagramm eine Variation mit einem sehr kleinen Variationsbereich eines Faktors, was typisch für einen Robustheitsversuchsplan ist. In einer solchen Einstellung kann es vorkommen, dass der Faktor im untersuchten Bereich keine signifikanten Effekte zeigt. Diese Darstellung demonstriert eindrucksvoll, wie begrenzte Variationsbreiten die Erkennbarkeit signifikanter Veränderungen beeinträchtigen.

    Für die Robustheitsprüfung ist jedoch die Beweisführung entscheidend, dass die Variation der Faktoren, die im täglichen Prozess zu erwarten ist, gerade keinen Effekt aufweist. Dadurch wird die Stabilität des Prozesses gewährleistet.

    Die Einhaltung der Spezifikationen vers. der Modellgüte

    Ich möchte Ihnen nun die vier möglichen Ergebnisse einer Robustheitsstudie schematisch darstellen. Jetzt, nachdem wir uns mit der Tatsache vertraut gemacht haben, dass die Robustheit nicht zwangsweise durch ein gutes Ursache-Wirkung-Modell bestätigt werden muss.

    Fall 1/4: 👍 In Spezifikation, 👍 signifikantes Modell

    • Specs: Alle Ihre Spezifikationen werden durch die Versuche klar bestätigt und sind innerhalb der erlaubten, definierten Grenzen der Spezifikation.
    • Modell: Sie haben ein signifikantes Modell, das Ihnen hilft, bei Prozessschwierigkeiten den erforderlichen Störenfried-Faktor auszumachen.
    • Faktoren: Einige wenige Faktoren haben im untersuchten Raum einen signifikanten Effekt. Das bedeutet, dass die Faktoren auch innerhalb des untersuchten Bereichs noch sehr sensibel auf Faktorschwankungen reagieren.

    Zusammenfassung: Der Ausgang ist befriedigend. Sie haben einen Bereich bestätigen können, der die Ziele sicher erfüllt. Sie sollten jetzt wissen, welchen Einfluss die Faktoren haben, die zwar nicht zu einer Verletzung der Spezifikation führen, dennoch innerhalb der zu erwartenden Variation einen beeinflussenden Effekt aufweisen.

    Fall 2/4: 👍 In Spezifikation, 👎 kein signifikantes Modell

    • Specs: Alle Spezifikationen werden eingehalten.
    • Modell: Das Modell zeigt keine signifikanten Effekte, was bedeutet, dass keiner der untersuchten Faktoren innerhalb des abgegrenzten Raumes einen signifikanten Einfluss hat.
    • Faktoren: Die untersuchten Faktoren zeigen keine signifikante Reaktion auf Schwankungen, was auf eine robuste Prozessführung hindeutet.

    Zusammenfassung: Das ist das beste Ergebnis, das Sie erzielen konnten. Alle Spezifikationen wurden eingehalten, und das Modell zeigt keine signifikanten Effekte. Das bedeutet, dass Ihr Prozess unter den aktuellen Bedingungen stabil ist und die Faktoren gut kontrolliert werden. Außerdem weisen sie keine signifikanten Einflüsse auf. Ihre Ergebnisse sind zufällig und innerhalb der Spezifikation. Das ist hervorragend!

    Fall 3/4: 👎 Außerhalb Spezifikation, 👍 signifikantes Modell

    • Specs: Einige oder alle Spezifikationen werden nicht eingehalten.
    • Modell: Das Modell ist signifikant, denn es hilft Ihnen, Faktoren zu identifizieren, die die Zielverfehlung verursachen.
    • Faktoren: Einige Faktoren weisen signifikante Effekte auf, was die Ursache für die Spezifikationsverletzungen sein könnte.

    Zusammenfassung: Dieser Ausgang ist problematisch, da einige oder alle Spezifikationen nicht eingehalten werden, jedoch ist das Modell signifikant. Sie können klare Einflüsse der Faktoren identifizieren, die zu den Spezifikationsverletzungen führen. Dadurch haben Sie die Möglichkeit, gezielte Anpassungen vorzunehmen, um die Prozesskonformität zu verbessern.

    Fall 4/4: 👎 Außerhalb Spezifikation, 👎 kein signifikantes Modell

    • Specs: Die Spezifikationen werden nicht eingehalten.
    • Modell: Das Modell zeigt keine signifikanten Effekte, was die Diagnose und Korrektur von Prozessproblemen auf Basis der untersuchten Faktoren unmöglich macht.
    • Faktoren: Die Faktoren zeigen innerhalb des untersuchten Bereichs keine klaren Effekte, was darauf hinweist, dass das Problem möglicherweise außerhalb der betrachteten Variablen/Faktoren liegt.

    Zusammenfassung: Dies ist der kritischste Befund, da die Spezifikationen nicht eingehalten werden und das Modell keine signifikanten Effekte zeigt. Das deutet darauf hin, dass die Ursachen für die Probleme außerhalb der betrachteten Variablen liegen oder dass die Faktoren innerhalb des untersuchten Bereichs nicht ausreichend variiert wurden, um einen Einfluss zu zeigen. Es ist eine tiefere Untersuchung erforderlich, um die Ursachen zu identifizieren und zu beheben. Oftmals treiben weitere Störgrößen hier ihr Unwesen. In diesem sehr unbefriedigenden Fall müssen wir nochmals in den Schritt der Problem-Formulierung zurückgehen und möglicherweise anfangs ausgeschlossene Faktoren für die Untersuchung mit einbeziehen.

    Einige mögliche Ursachen für diesen Fall könnten sein:

    Bis zum nächsten Mal, bleiben Sie neugierig und experimentierfreudig!

    Teilen Sie gerne Ihre Gedanken und Erfahrungen oder Fragen mit mir – gemeinsam können wir den Weg zur Optimierung meistern.

    Ihr DFSS und DoE Experte,

    Stefan Moser

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