Die Kunst des Screenings
Im „Pre“- und „Screening“ haben wir gesehen, wie unser Student Heinz mit minimalen Anstrengungen und dem richtigen Ansatz den relevanten Bereich für seine Untersuchung identifizierte. Diese erste Orientierung ist entscheidend, denn sie vermeidet unnötige Versuche in Bereichen, die wirtschaftlich unattraktiv sind. Doch die Charakterisierung geht einen Schritt weiter: Es verfeinert unsere Suche und hilft uns zu bestimmen, welche Faktoren und deren Variationsbereiche für unsere Ziele wirklich relevant sind.
Charakterisierung oder Screening?
Es kann durchaus vorkommen, dass bereits in der Charakterisierungsphase eine ausreichend präzise Ableitung von Ursache und Wirkung aus den Modellen möglich ist, die auf den durchgeführten Versuchen basieren. In solchen Fällen sind weitere, aufbauende Untersuchungsschritte möglicherweise nicht erforderlich. Dieses Phänomen tritt oft auf, wenn bereits ein fundiertes Vorwissen existiert, das eine sichere und zielgerichtete Auswahl der wesentlichen Faktoren sowie deren Variation ermöglicht.
Die in dieser Phase eingesetzten Designs sind nicht nur auf die reine Identifikation der Einflussgrößen ausgerichtet, sondern können auch teilweise zur Untersuchung von Wechselwirkungen und Nichtlinearitäten herangezogen werden. Diese Designs werden jedoch so ausgewählt, dass sie mit einer minimalen Anzahl von Versuchen auskommen. Damit soll effizient abgesteckt werden, welche Bereiche gegebenenfalls in den folgenden Schritten für Optimierungsmaßnahmen komplementär ergänzt werden müssen.
Charakterisierung durch erweitertes Screening
Somit zielt das erweiterte Screening darauf ab, mit strategisch ausgewählten und ökonomisch durchgeführten Versuchsreihen nicht nur grundlegende Einflüsse zu erkennen, sondern auch bereits tiefergehende Einsichten in das Verhalten des untersuchten Systems zu gewinnen. Diese methodische Herangehensweise ermöglicht es, die Effizienz der Versuchsplanung zu maximieren und zugleich das Risiko zu minimieren, wesentliche Faktoren oder Wechselwirkungen zu übersehen. Dadurch wird eine solide Grundlage für die darauf aufbauenden Untersuchungsschritte oder für die direkte Umsetzung der Erkenntnisse in die Praxis geschaffen.
Zusammenfassung dieser Charakterisierungsphase
1. Identifizierung der richtigen Faktoren: Das Screening ermöglicht es uns, die relevanten Einflussgrößen zu identifizieren, die unsere Zielgrößen maßgeblich beeinflussen. Durch das Anordnen der Faktoren in unabhängiger, ausbalancierter und orthogonaler Weise stellen wir sicher, dass unser Design die Grundlage für aussagekräftige Ergebnisse legt.
2. Erkennung von Zielkonflikten: Bereits in dieser frühen Phase können wir abschätzen, ob die gesetzten Ziele erreichbar sind oder ob Zielkonflikte vorliegen. Ein geschicktes Screening / bzw. Charakterisierung hilft, diese Einschätzungen vorzunehmen, bevor umfangreiche Ressourcen investiert werden. …Hierzu mehr im weitern Blogverlauf wenn wir uns mit Venn-Diagrammen beschäftigen werden.
3. Software und gutes Design: Moderne DoE-Software unterstützt uns dabei, aus den DoE–Ergebnissen wertvolle Erkenntnisse zu ziehen. Sie kann tendenziell aufzeigen, ob mögliche Wechselwirkungen oder Nichtlinearitäten wahrscheinlich sind, selbst wenn diese aufgrund des Versuchsdesigns nicht direkt unterscheidbar sind, was sich durch die vorab weggelassenen Versuche als abhängiges Muster ergibt.
4. Fractional Factorial Designs: Auch wenn Wechselwirkungen in fraktionierten faktoriellen Designs vermischt werden, können sie helfen Trends zu erkennen. Die Einbeziehung von Centerpoints ermöglicht es uns zudem, Nichtlinearitäten aufzuspüren, die über lineare Effekte hinausgehen.
5. Expertenwissen: Die Kombination aus DoE-Techniken und der Expertise des Versuchsplaners ist unerlässlich, um Wechselwirkungen und nichtlineare Effekte den richtigen Faktoren zuzuordnen. Das Verständnis dieser Dynamiken ist entscheidend für die Interpretation der Ergebnisse.
6. Grenzen des DoE: Schließlich ist es wichtig zu erkennen, dass DoE nicht alle Fragen im Rahmen einer Weltformel beantworten kann. Manchmal sind die untersuchten Faktoren nicht ausreichend, um klare Ursache-Wirkung-Beziehungen innerhalb der untersuchten Bereiche abzubilden. Dies deutet darauf hin, dass möglicherweise wichtige, aber übersehene Faktoren eine weitere unterschätzte Rolle spielen.
Fazit: Das Charakterisierung – Screening als Weichensteller
Das erweiterte Screening oder die Charakterisierung ist mehr als nur ein weiterer Schritt in der DoE; es ist der Moment, in dem wir die Weichen für den Erfolg unserer Untersuchungen stellen. Durch sorgfältige Auswahl und Untersuchung der richtigen Faktoren im richtigen Bereich können wir sicherstellen, dass unsere Versuche zielführend und effizient sind. Dabei spielen die richtige Planung, die Unterstützung durch leistungsfähige Software und die Einbindung von Expertenwissen eine entscheidende Rolle.
Ich hoffe, dieser Einblick in die Phase des Charakterisierung-Screenings hat Ihnen gefallen und Sie erkennen die Bedeutung dieser kritischen Phase in der Versuchsplanung. Teilen Sie gerne Ihre Gedanken und Erfahrungen und besuchen Sie meine Webseite für weitere Informationen und Kurse zu diesem und anderen Themen.
Bis zum nächsten Mal, wenn wir weitere spannende Aspekte der DoE-Welt erkunden. Bleiben Sie neugierig und experimentierfreudig!
Vielen Dank für Ihr Interesse und bis bald!
Ihr DFSS und DoE Experte
Stefan Moser
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